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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 21.03.2018


Joan As Police Woman - Damned Devotion
Silvy Pommerenke

Joan Wasser aka Joan as Police Woman liebt es, mit den leisen Tönen zu spielen und eine melancholische Stimmung zu verbreiten. Mit deutlich stärkerem elektronischen Einsatz, dem verfremdeten Schlagzeugteppich von Parker Kindred - der bereits auf dem Vorgänger-Album "The Classic" seine Drums beisteuerte – und den Synthesizern von Thomas Bartlett, ist "Damned Devotion" eine neue Variation im Oeuvre der Wahl-New Yorkerin geworden.




Musikalisch lässt sie sich nach wie vor schwer einordnen, denn die befindet sich irgendwo im Raum zwischen Trip Hop und Singer-Songwriter-Folk – oder doch eher zwischen Ambiente und Nu-Soul? Wie gesagt, schwer zu beschreiben. Vielleicht hilft es, einige Musiker*innen zu nennen, die mit Joan Wasser zusammenspielen: Dazu gehören bzw. gehörten Jeff Buckley, Lou Reed, Rufus Wainwright oder die Scissor Sisters. Auch ihre musikalischen Vorbilder, zu denen Joni Mitchell und Nina Simone gehören, geben ein wenig Aufschluss darüber, welche musikalische Intention Joan as Police Woman hat.

Der Projekt-Name ist übrigens daraus entstanden, dass Bekannte eine gewisse optische Ähnlichkeit zwischen Joan Wasser und der Schauspielerin Angie Dickinson entdeckt hatten, die damals in der US-Fernsehserie "Police Woman" mitspielte. So war also der Name Joan As Police Woman geboren. Außerdem wollte sie nicht unter ihrem eigentlichen Namen auftreten, damit niemand ein klassisches Violinen-Konzert erwarten würde. Denn eigentlich wurde die Amerikanerin zur klassischen Violinistin ausgebildet und spielte anfänglich im Boston University Symphony Orchestra. Aber irgendwann stand für sie fest, dass sie "keine klassische Musik zu (ihrem) Leben machen wollte, die Beethoven-Symphonien wurden schon millionenfach gespielt und (sie) werde es nicht besser machen." Erst Anfang der Neunziger hat sie sich der Rock-Musik zugewandt, und spielte vorzugsweise in Bands (u.a. The Dambuilders und Black Beetle), so dass es erklärlich scheint, dass sie erst mit 34 Jahren ihre Debut-EP aufnahm. Zwei Jahre später, 2006 folgte dann das umwerfende Album "Real Life". Seitdem ist Joan Wasser aus der anspruchsvollen Popmusik nicht mehr wegzudenken.

Sie ist aber nicht nur musikalisch äußerst kreativ, sondern sie liebt es auch, sich zu verkleiden und in andere Rollen zu schlüpfen. So verwandelt sie sich bei dem Video-Clip zu ihrem aktuellen Song "Tell me" gleich in sieben verschiedene Frauen. Von der Butch über die Femme fatale bis hin zur biederen Maus oder Managerin. Sie macht das großartig und unterstreicht damit den Inhalt des Songs, bei dem es um die große Frage geht, was wir eigentlich im Leben wollen. "Tell me" gehört auch zu den schnelleren Songs auf dem Album – so dieses Adjektiv überhaupt auf die Musik von Joan Wasser angewendet werden kann. Hingegen ziehen sich "Wonderful" oder "Silly me" äußerst gedehnt und langsam dahin, fast schon meditativ – und klingen wie wahr gewordene Traumsequenzen, die in Zeitlupe abgespielt werden.

Bei der Ode für Jean Genet "Steed" führt Joan Wasser uns in den Soul-Bereich, während sie deutlich politisch wird auf "The Silence" wird. Nicht nur, dass es ein gesellschaftlicher Aufruf an Frauen ist, die Stimme zu erheben – ganz im Sinne der Me-too-Debatte -, außerdem untermalt sie den Song auch mit wütendem Protestgeschrei des Women´s March in Washington aus dem Jahr 2017.

Alles in allem gibt es sehr viel auf dem neuen Album "Damned Devotion" von Joan As Police Woman zu entdecken. Und gerade, weil sie sich der leisen Töne verschrieben hat, ist es um so spannender, bei jedem Hören eine neue Nuance zu finden. Wie gut, dass sich Joan Wasser von der klassischen Musik abgewandt, und der Populärmusik zugewandt hat!

AVIVA-Tipp: Das mittlerweile fünfte Album von Joan As Police Woman ist wieder einmal grandios geraten und erfüllt alle Erwartungen. Falls das überhaupt möglich ist, so ist Joan Wasser noch melancholischer geworden. Aber irgendwie macht sie das immer mit einem leichten Augenzwinkern. Gehobene Pop-Musik für anspruchsvolle Liebhaber*innen des tragischen Genres.

Joan As Police Woman im Netz: www.joanaspolicewoman.com und auf Facebook

Weiterhören auf AVIVA-Berlin:

Joan As Police Woman - The Classic
Die schweren Zeiten sind vorbei – mit "The Classic" befreit sich Joan Wasser alias Joan As Police Woman von Depressionen und entdeckt den Soul für sich. Die New Yorker Violinistin, Gitarristin und Sängerin ist ein offenes Buch für ihre Fans: jedes ihrer Alben repräsentiert eine prägende Station ihres Lebens. (2014)

Joan as Police Woman - The Deep Field
"I want you to fall in love with me", das sind die ersten Worte von "Nervous", dem Opener des neuen Albums von Joan Wasser aka Joan as Police Woman. Und sie macht es ihren ZuhörerInnen leicht, genau das zu tun. (2011)

Joan as Police Woman – To Survive
Joan as Police Woman, aka Joan Wasser, taucht mit ihrem zweiten Album auf. Erneut beweist die Meisterin am Klavier und der melancholischen Töne, dass handgemachte Musik immer noch unsterblich ist! (2008)

Joan as Police Woman - As real
Vorsicht, dies wird ein Loblied! Joan as Police Woman ist unbeschreiblich schön und eine wahre Perle auf dem Neuerscheinungsmarkt. Definitiv! Joan, mit bürgerlichem Namen Wasser, ist mit ebensolchen gewaschen. In jeder Hinsicht! Sei es, dass sie Antony von ANTONY AND THE JOHNSONS mit im Boot hat (nachhörenswert von ihm der ultimative Song "You Are My Sister"), oder sie eine prima Alternative zu "The Smiths" aus den Achtzigern aufzeigt. Denn spätestens bei "Christobel" weiß man, dass Morrissey von The Smiths sich warm anziehen muss, weil er mit Joan as Police Woman eine hammerharte Konkurrenz bekommt. Und das von einer Frau - dies erfreut das Hörerinnenherz ungemein! (2006)


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Beitrag vom 21.03.2018

Silvy Pommerenke